Interesse an Ereignissen und Personen, statt an Selbsterkenntnis mit Hilfe biblischer Texte
Schon um 170 verfasste Tatian die erste Evangelienharmonie. Er hat also versucht, die sich zum Teil in ihrer Darstellung der zeitlichen Reihenfolge widersprechenden Evangelien zu einer einheitlichen Geschichte zu komponieren. Nach ihm haben bis in die heutige Zeit noch viele andere versucht.
So gibt es eine lange Liste von Jesus-Romanen.
Kinderbibeln dienen dazu, Kindern die biblischen Geschichten kindgerecht zu vermitteln. Auch hier werden in der Regel Erzählungen aus allen vier Evangelien ausgesucht und in eine zeitliche Reihenfolge gebracht.
Dazu kommen zahlreiche Filme über Jesus und seine Anhänger.
Das Ziel dieser Harmonien und Verfilmungen ist es, den Menschen anderer Länder und Zeiten, die Umwelt und Geschichte Israels zu Jesu Lebzeiten verständlich zu machen. Gleichzeitig wird dadurch aber sein Leben sehr leicht ausschließlich historisch verstanden, eben entsprechend unserem heutigen Zeitverständnis.
Dadurch können aber die biblischen Texte nicht mehr so funktionieren, wie ihre Verfasser und Überlieferer es wollten, nämlich zur Selbsterkenntnis führen, einer Selbsterkenntnis, der wir Menschen heute gern aus dem Wege gehen. Wenn wir uns in ihnen sehen, sind sie wie ein Spiegel, in den wir schauen. Wir sehen uns und was nötig ist, an uns zu ändern.
In Petrus, dem Feigling, der erst einen großen Mund hat, als es aber ernst wird, mehrfach behauptet, Jesus nicht zu kennen und mit ihm nichts zu tun zu haben, erkennen wir uns heute. Wir wissen, dass er wirklich gelebt hat. Aber dass er vor fast 2000 Jahren feige war, ist für uns heute unwichtig, zumal wir auch von seinem späteren Wirken wissen und dass Jesus ihm vergeben hat.
Wichtig ist gerade angesichts seiner späteren Verehrung, dass diese und ähnliche Texte des neuen Testaments mit Kritik an Petrus nicht ausgelöscht und vergessen wurden, sondern ihre Funktion als unser Spiegel weiter erfüllen können.